Enzephalitozoon
Cuniculi
(auch genannt: E.cuniculi, Schiefhals, HeadTilt)*
Enzephalotozoon Cuniculi ist einer der Hauptverursacher von Kopfschiefhaltung
und anderen neurologischen Störungen wie Lähmungserscheinungen der
Hinterläufe, als auch der Vorderläufe (ohne dass es einen "Verletzungsgrund"
dafür gibt), Gleichgewichtsstörungen und fehlende Koordination.
(->Weitere Ursachen von Kopfschiefhaltung sind Trauma im Kopfbereich durch Verletzung, Mittelohrentzündungen durch Pasteurellose (ansteckender Schnupfen) oder andere bakterielle Infektionen, Ohrmilben, Tumore, Viren, Fadenwürmer, Giftstoffe, degenerative Krankheiten, sogar Osteoporosis und auch fehlerhafte Ernährung (Vitamin B - Mangel)).
Rund 80% aller Kaninchen sollen mit dem Erreger infiziert sein, ohne dass es zu Gesundheitsstörungen kommt. So kann in einer Gruppe von Kaninchen ein Einzeltier erkranken, während alle Anderen gesund und munter sind. Ursache dafür könnte ein heruntergesetztes Immunsystem bei dem betreffenden Tier sein, also eine Folgeerkrankung oder eine Reaktion auf schlechte Haltungsbedingungen.
Ausgeschieden werden die Sporen des Erreger mit dem Urin erkrankter Tiere (Kaninchen, Mäuse, Ratten, Meerschweinchen, Hamster, Hunde, Katzen ... sogar der Mensch). Diese Sporen werden durch verunreinigte Nahrung wieder aufgenommen. Allein schon das Schnüffeln an verunreinigter Nahrung kann zur Aufnahme des Erregers führen. Erkrankte schwangere Häsinnen können den Erreger schon im Mutterleib an ihre Jungen weiter geben. Menschen mit herabgesetzten Immunsystem wie bspw. HIV-infizierte, sind ebenfalls gefährdet von dem Erreger angesteckt zu werden. Bei dieser Erkrankung handelt es sich deshalb um eine Zoonose.
Werden die Sporen aus dem Urin erkrankter Tiere aufgenommen, so gelangen diese über den Verdauungstrakt in den Darmbereich. Dort dringt das Zellinnere der Sporen in die Darmzellen der Tiere ein, um sich dort zu vermehren. Danach gelangen die Erreger in die Blutbahn und infizieren den ganzen Körper, besonders aber Gehirn und Nieren.
Krankheitserscheinungen beim Kaninchen
Bei einer akuten Erkrankung kommt es zur plötzlichen Kopfschiefhaltung
des Kaninchens. Es treten massive Koordinationsstörungen auf, das Tier
dreht sich ständig um seine eigene Achse oder verbiegt seinen Kopf krampfartig.
Auch Lähmungserscheinungen sind möglich. In seltenen Fällen kommt
es zum Schockzustand und dann zum plötzlichen Tod.
Bei einer chronischen Erkrankung kann es zu überhaupt keinen Symptomen
kommen, d. h. das Tier weist lediglich ein gestörtes Allgemeinbefinden
auf ohne sichtbar erkrankt zu sein.
Ebenfalls möglich ist es, dass sich nach einer überstandenen akuten
Erkrankung eine chronische Erkrankung anschließt, da die Therapie den
Erreger nicht völlig "vernichten" kann. In diesem Falle ist das
Befinden des Tieres wie bei der Pasteurellose stark am Allgemeinzustand gekoppelt.
Kommt es aus irgendeinem Grunde zu einer Schwächung des Immunsystems, z.
B. durch Stress oder schlechtem Wetter oder einer anderen Erkrankung, können
wieder neurologische Störungen auftreten.
Diagnose
Bei akuten Fällen wird normalerweise anhand der Symptome diagnostiziert
und sofort mit einer konventionellen Antibiotikabehandlung begonnen. Sicher
lässt sich der Erreger nur über eine Blutprobe nachweisen. Diese wird
aus dem Ohr entnommen. Darin lassen sich die Sporen des Erregers eindeutig nachweisen.
Jedoch wurde bei neuesten Untersuchungen in den USA herausgefunden, dass allen
E.cuniculi Fällen gemein außerordentlich erhöhte Nierenwerte
waren, womit eine Diagnose indirekt über den Urin erfolgen könnte.
Behandlung
Diese besteht meistens immer noch einfach nur aus Antibiotika, entzündungshemmenden
Mitteln (Cortison), Vitamin-B-Komplex, sowie Infusionen bei starkem Flüssigkeitsverlust.
Da E.-cuniculi Protozoon (Einzeller) sind, reagieren sie nicht genauso auf Antibiotika wie Bakterien. Jedoch bewirken Antibiotika wie z. B. Tetracyclin oder Chloromycetin eine Verbesserung oder Stabilisierung des Zustandes. Im Wesentlichen liegt bei dieser Therapie der Hauptjob der Zerstörung des E.cuniculi beim Immunsystem des Tieres. In einigen Fällen führt diese Therapie sogar bis zu einer fast vollständigen Heilung der Symptome. Fast vollständig bedeutet, dass meist ein kleiner Rest der Nervenstörung oder Koordinationsstörung zurück bleibt.
Wie schon erwähnt sprechen Antibiotika eigentlich nur Bakterien an. E. cuniculi ist seines Zeichens jedoch ein einzelliger Parasit. So kamen amerikanische Forscher auf die Idee, eine Therapie mit einem Wurmmittel namens Albandezol zu versuchen. Albandezol stammt aus der Hummanmedizin und wird eingesetzt um tropische Wurminfektionen zu bekämpfen. Da Enzephalotozoon Cuniculi auch bei Menschen mit stark beeinträchtigtem Immunsystem (Aids) vorkommt, wird es dort ebenfalls mit Albandezol behandelt.
Die Ergebnisse dieser Forscher waren sehr ermutigend. So berichtete ein Kaninchenbesitzer, unmittelbar nach Beginn der Behandlung sei es zu einer geringfügigen Verbesserung und vom 5. Tag der Behandlung an, zu einer definitiven Verbesserung der motorischen Fähigkeiten und des emotionalen Befindens, einschließlich höheren Appetits gekommen.
Der amerikanische Tierarzt empfiehlt sogar, Tiere mit erhöhten Nierenwerten (was auf eine Infektion mit E. cuniculi im chronischen Status hinweist), vorsorglich mit Albendozol zu behandeln.
-> Vollständiger Bericht der amerikanischen Studie
Aus der Schweiz stammt eine weitere epidemologische Studie über die Verbreitung und Behandlung des Erregers. Dabei stammt der Nachweis der Erreger allesamt aus Blutproben, der indirekte Nachweis oder Zusammenhang zwischen hohen Nierenwerten und E.cuniculi gelang jedoch nur sporadisch. Diese Studie schließt mit der Aussage: "Experimentelle Untersuchungen an Kaninchen zeigten, dass durch Fenbendazol-Applikation auch bei massiver Inokkulation mit E. cuniculi-Sporen ein vollständiger Schutz erreicht wird. Bei der klinischen Studie mit Fenbendazol an Kaninchen mit Encephalitozoonose genas ungefähr die Hälfte der Tiere und in keinem therapierten Tier konnten die Parasiten aus Organen isoliert werden ... Mit der Verabreichung von Fenbendazol in Futterpellets steht uns eine praktikable Methode zur Verfügung, um Kaninchen mit erhöhtem Expositionsrisiko zu schützen. Diese Strategie könnte auch zur Sanierung von Problembeständen genutzt werden."
-> Vollständiger Bericht der Schweizer Studie
Albendozol, Fenbendazol?
Albendozol wird bei Kaninchen hierzulande vermutlich nicht eingesetzt, aber
bei Großtieren, Hunde, Katzen u. a..
Fenbendazol und Albendozol gehören jedoch der gleichen Wirkstoffklasse
der Benzimidazole an. Sowohl Albendozol, als auch Fenbendazol besitzen ein breites
Wirkungsspektrum gegen Nematoden (Würmer) und Zestoden (Bandwürmer).
Fenbendazol findet als Mittel gegen Nematoden bei Kaninchen Verwendung. Weitere
Wirkstoffe aus dieser Wirkstoffklasse mit ähnlichem Wirkungsspektrum gegen
Parasiten sind Flubendazol und Mebendazol, die ebenfalls zur Behandlung von
Kaninchen benutzt werden.
Fenbendazol als Wirkstoff
findet sich in Panacur - Präparaten.
Albendozol ist unter den Bezeichnungen Albazol und Valbazen versteckt.
Flubendazol findet sich als Flubenol auf dem Markt.
Mebendazol ist Wirkstoff von Ovitelmin oder Telmin.
Ein anderer Therapieansatz
"lief" mir neulich im Kaninchenforum über den Weg. Dort wurde
ein Kaninchen mit akuten Schiefhals mit einem Mittel namens Daraprim, sowie
einem bestimmten Antibiotika behandelt. Daraprim ist ein Mittel aus der Humanmedizin
und sein Wirkstoff ist Pyrimethamin. Bei Kaninchen wird Pyrimethamin zur Behandlung
von Kokzidiose eingesetzt. Pyrimethamin in Kombination mit einem Sulfonamid
wird jedoch bei der Behandlung einer Toxoplasmose benutzt. Eine Toxoplasmose
ist eine Infektion mit einem Protozoon (Einzeller), wie auch E.cuniculi.
Hier wurden 7 Tage das Sulfonamid Rota-TS 100 mg (1 Tabl. morgens und 1/2 Tabl.
abends), sowie gleichzeitig 7 Tage Daraprim (3/4 Tabl. morgens) verabreicht.
Danach folgten weitere 7 Tage Daraprim (1/4 Tabl. Morgens) und die ganze Zeit
unterstützend NeyTroph-Tropfen 3 x täglich 15 Tropfen (homöopathisches
Mittel).
Dem Kaninchen geht es übrigens wieder gut. Jedoch ist eine leichte Kopfschiefstellung zurück geblieben, womit er aber super klar kommt.
Aussichten
Je schneller die Behandlung erfolgt, desto besser. Dies gilt für jede Akuterkrankung.
Die Krankheit ist schwer, aber die Chancen stehen bei rechtzeitiger, intensiver
Behandlung und Pflege durch den Tierhalter realistisch gut. Irgendwo las ich
einmal, es wäre eine 50 : 50 Chance. Ich glaube, sie ist weitaus besser,
wenn rechtzeitig gehandelt wird. Restlos geht die Krankheit allerdings nicht
an den Tieren vorüber. Meist bleibt eine kleine Koordinationsstörung
oder ein leichter Schiefhals zurück, mit dem die Tiere aber erstaunlich
gut klar kommen und ihr Handicap durch Training ausgleichen. Leider kann die
Krankheit nach der Akutform chronisch werden, was Rückfälle zur Folge
haben könnte. Trotzdem kann das Kaninchen noch ein langes, glückliches
Leben führen.
Diese Aussicht gilt allerdings für ausschließlich mit Antibiotika behandelten Tieren. Laut der Schweizer Studie, soll ja bei einer Behandlung des Parasiten mit dem Fenbendazol zumindest kein Erreger mehr in den Organen nachweisbar gewesen sein, auch wenn die Gesundungsrate aller Tiere nur bei 50% lag.
"Haltbarkeit"
der freigesetzten Sporen
Die Sporen des E. cuniculi sind ausgesprochen langlebig und halten den widrigsten
Umständen stand (große Hitze oder Kälte). Sie können ca.
1 Monate außerhalb eines Wirtes im ausgeschiedenen Urin weiterleben.
Zuletzt ...
Dieser Artikel beruht auf Recherchen, die ich im Zusammenhang mit einem eigenen
Fall an E.cuniculi Erkrankung (Schiefhals, Lähmungserscheinungen, Koordinationsstörungen)
angestellt habe. Ich habe diesen Artikel sorgfältig und nach bestem Wissen
und Gewissen recherchiert, eine Verantwortung für die Richtigkeit aller
Fakten kann ich selbstverständlich nicht übernehmen, da ich kein Tiermediziner,
sondern interessierter Laie bin.
Falls eine derartige Erkrankung bei Ihrem Kaninchen vorliegt, und Sie diesen Artikel als Hintergrundinfo für sich nutzen, so bitte ich Sie, die Originalartikel auszudrucken, auf die ich mich bezogen habe und diese Ihrem Tierarzt vorzulegen. Diese sind im Wesentlichen:
->
Vollständiger Bericht der Schweizer Studie
->
E. cuniculi Update engl. - HRS
Zuletzt möchte ich noch von meinem erkrankten Kaninchen berichten. Sie war seit zwei Jahren mit Pasteurellen angesteckt (ansteckender Schnupfen), jedoch bekamen wir ihre neurologischen Störungen, die mit einem Schiefhals am Anfang der Zeit begonnen hatte, immer weniger in den Griff. In meiner Verzweiflung machte ich mich im WWW auf die Suche nach mehr Infos über Lähmungen, Gleichgewichtsstörungen und fand den Artikel über E. cuniculi der House Rabbit Society. Daraufhin ließ ich mein Kaninchen testen. Testergebnis: positiv. Da zu dieser Zeit die Antibiotikatherapie keine Verbesserung mehr brachte, bestand ich auf einen Versuch mit dem "Wurmmittel". Meine Tierärztin stand dem skeptisch gegenüber, dennoch gab sie mir das Fenbendazol. Nach bereits einer Anwendung bemerkte ich eine Verbesserung. Nach fünf Tagen ging es dem Tier wieder entscheidend besser. Sie hatte keinen Schiefhals, aber enorme Koordinationsstörungen gehabt. Leider war ihre Erkrankung stark fortgeschritten und wer die tückische "Schnupfenkrankheit" kennt, weiß, dass sich im Winter der Zustand der Tiere extrem verschlechtert. Ich habe mein Kaninchen letztlich aufgrund der starken Schmerzen einschläfern lassen, die sich in den letzten Wochen eingestellt hatten. Aber ich bin überzeugt, hätte ich diese Artikel zu Anfang ihrer Erkrankung gelesen und gewusst, woran sie zusätzlich litt, könnte sie vielleicht noch leben. Denn mein Mädchen war ein großer Kämpfer ... - Allen anderen Kämpfern wünsche ich alles Gute!
Wer meinen Artikel mit weiteren Infos oder Erfahrungsberichten erweitern kann, der kontaktiere mich bitte.
Erfahrungen:
->Oskars
Schiefhals
*Mit
freundlicher Genehmigung von www.kaninchenweb.de