Trächtigkeit: Die möglichen Folgen - Ein Erfahrungsbericht

(kein Einzelfall)


 


 

Sonntag, 16. März 2003
Wir besuchen Dixi (Tierheimname) im  Tierheim Bochum. Ich nehme sie auf den Arm, Tinas erster Kommentar: "Die ist aber fett, die ist sicher tragend". Das sei ausgeschlossen wurde uns versichert.

Wir nehmen Dixi nicht mit, wir wollen nochmal in Ruhe überlegen.


Montag, 17. März 2003
Die dicke Häsin ist uns nicht aus dem Kopf gegangen. Wir fahren nochmal bis Bochum und holen sie ab.


Dienstag, 18. März 2003
Wir gehen mit der dicken Häsin vormittags zum Tierarzt. Sie hat seltsame Fettbeulen in der Wamme. Das sei nicht weiter schlimm sagt die Tierärztin. Die Häsin müsse aber dringend abnehmen, sie sie viel zu dick.

Wir wiegen die Häsin: unglaubliche 3,6 kg! Sie ist noch viel viel dicker als auf dem Foto. Aufgrund ihres Gewichtes nennen wir sie Speckmaus bis wir uns auf einen richtigen Namen geeinigt haben.

Die dicke Speckmaus will sich kaum bewegen, am liebsten sitzt sie rum. Sie frisst wenig, mümmelt nur etwas Heu.


Mittwoch, 19. März 2003
Die dicke Häsin hat Durchfall und saut sich total zu. Wir baden ihren Hintern vorsichtig, da sie von früheren Durchfällen noch ganz verklebt ist.
Speckmaus will immer noch nicht viel rumlaufen, aber sie bekommt mehr Appetit.


Donnerstag, 20. März 2003
Nachts um halb drei weckt sie mich indem sie in ihrem Käfig buddelt. Sie hört erst um halb vier damit auf. Ich kann trotzdem nicht schlafen und schaue nochmal nach ihr: Sie blutet und hat Krämpfe! Ich wecke sofort Tina, die direkt sagt "die bekommt Junge". Wir lassen die Häsin erstmal in Ruhe und gehen aus dem Zimmer. Da wir Sorge haben, dass Speckmaus aufgrund ihres extremen Übergewichts die Geburt nicht komplikationslos schafft, rufen wir den tierärztlichen Notdienst an und fragen was wir machen sollen. Uns wird geraten erstmal eine Stunde abzuwarten und uns bei Komplikationen nochmal zu melden.

Als wir wieder nach ihr sehen, liegen 4 tote Hasenkinder im Käfig. Wir machen alles sauber und geben der Häsin extra viel zum Trinken und Trockenfutter. Die Häsin sieht erschöpft, aber auch erleichtert aus.

Morgens liegt ein weiteres totes Hasenkind im Käfig. Wir fahren sofort zum Tierarzt. Speckmaus bekommt ein wehenförderndes Mittel, um zu verhindern, dass ein weiteres Hasenkind bzw. Nachgeburtsreste in ihr verbleiben. Auf der Rückfahrt kommt das sechste tote Hasenkind zur Welt.

Wir beerdigen ihre sechs Hasenkinder zusammen bei uns im Garten.
Im Laufe des Tages geht es der Häsin immer besser, sie ist deutlich schlanker, aber immer noch viel zu dick. Sie trinkt viel, frisst viel mehr als in den vergangenen Tagen und köttelt ganz normal, ausserdem hoppelt sie etwas rum.


Freitag, 21. März 2003
Wir fahren erneut zum Tierarzt um sicher zustellen, dass alles in Ordnung ist. Die Tierärztin kann in der Gebärmutter nichts mehr fühlen. Für alle Fälle gibt es ein Antibiotikum.

Der Speckmaus geht es schlechter. Sie frisst nicht, trinkt nicht, köttelt nicht und sitzt nur in einer Ecke des Käfigs. Sie hat ausserdem Probleme mit dem Harnabsatz und blutet etwas. Wir fahren Nachmittags also nochmal zum Tierarzt. Die Häsin wird geröngt um auszuschließen, dass nicht doch noch ein weiteres Hasenkind im Geburtskanal feststeckt. Ausserdem bekommt sie ein Schmerzmittel.

Da die Häsin absolut nicht fressen mag, füttern wir ihr mehrmals täglich kleine Mengen Critical Care zu - nur damit sie was im Magen hat und ihre Verdauung wieder in Gang kommt, genug Fettreserven hat die Häsin ja.


Samstag, 22. März 2003

Es geht der Häsin sehr schlecht. Sie sitzt schlapp in der Ecke, lässt den Kopf hängen und fühlt sich kalt an. Wir fahren sofort zum Tierarzt. Dort bekommt sie ein Schmerzmittel, das Antibiotikum gespritzt und zusätzlich eine warme Infusion. Wir sollen sie warmhalten und abends wiederkommen.

Zuhause angekommen, liegt die Häsin schlapp im Käfig. Eine Rotlichtlampe und ein Heizkissen sogen für Wärme.

Etwa eine Stunde nachdem wir vom Tierarzt wieder da sind stirbt unsere dicke Speckmaus. Sie krampft kurz etwas und hört dann auf zu atmen. Wir beerdigen sie im Garten neben ihren sechs Hasenkindern.


Wahrscheinlich waren die Hasenkinder bereits einige Tage tot (vermutlich stressbedingt). Durch Leichengifte wurde die Speckmaus schließlich vergiftet. Ihre verfettete Leber kam nicht dagegen an.

Nach Angaben des Tierheims war die Häsin etwa vier Wochen vor der Geburt für kurze Zeit vermittelt, dort muss sie gedeckt worden sein. Da sie sich nicht mit dem dort anwesenden Kaninchen vertragen hat kam sie zurück ins Tierheim. Für uns ist es trotzdem unerklärlich, dass das Tierheim die Trächtigkeit nicht bemerkt hat. Man hätte ihr eine Menge Stress ersparen können und so evtl. den Tod der Jungtiere und damit auch ihren eigenen Tod verhindern können.

Autorinnen: Anna u. Tina Hopf

Anmerkung: Züchten und "mal eben decken lassen" ist nicht so einfach, wie manche sich das vorstellen, wie man an der Geschichte sieht. Man muss Ahnung von Genetik, Lethalfaktoren, dem richtigen Alter, den richtigen Grössenverhältnissen, Schwangerschaftstoxikosen und und und haben! Sagt einem das alles nichts: Finger weg vom Vermehren, sonst kann es enden wie bei Speckmaus.
Das ist kein Einzelfall.
In deutschen Tierheimen warten 10.000 Kaninchen auf ein neues zu Hause, da ist für jeden das/ die passenden Tiere dabei.

Heike D.

 

 

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