Aggressionen

 

A: Dem Menschen gegenüber:


Wie kommt es, dass Kaninchen aggressiv dem Menschen gegenüber werden, kratzen, beissen, boxen, oder brummend auf die Hand zuschiessen?

Für Aggressionen lassen sich verschiedene Gründe anführen, jedoch liegt die Ursache meist in Haltungsfehlern oder in Fehlern beim Umgang mit den Tieren. Kaninchen werden somit ihrem Ruf als unkompliziertes Knuddeltier (zum Glück) nicht gerecht,denn bei der Kaninchenhaltung ist mehr zu beachten, als die Zooläden dem unbedarften Käufer versuchen weis zu machen.

Die Ursachen für Aggressionen (dem Menschen gegenüber) lassen sich grob in 2 Haupt - Gruppen Teilen, welche zum einen ANGST, zum anderen FRUSTRATION sind, hinzukommend einige weitere mögliche Ursachen.


1. ANGST: Bei dieser Ursache gilt als Faustregel: Wenn das Kaninchen die Möglichkeit zur Flucht hat, wird es diese immer dem Angriff vorziehen. In einem Käfig sitzend ist eine Flucht allerdings nicht möglich, und das Tier geht zum Angriff über, wenn dies seinem lebhaften und ungebrochenen Charakter entspricht. Die Alternative dazu ist stumpfsinnige Resignation.


Zu den Ursachen für ANGST zählen:


-schlechte Erfahrungen mit Menschen beim Vorbesitzer

Das Kaninchen wurde evtl. geschlagen, an den Ohren hochgehoben oder hat durch anderes falsches Verhalten dem Tier gegenüber Angst vor der Hand aufgebaut, und versucht sich nun, sobald sich sein verhasstes Objekt nähert, gegen es zu verteidigen, indem es boxt, kratzt oder beisst.

Vermeidung: Viel Geduld, nichts gegen seinen Willen tun, ruhig zu ihm setzen, mit Obst als Leckerchen locken.

-man nähert sich ihm falsch

Greift man ständig von oben, etwa durch die Käfigklappe, nach dem/den Kaninchen, so suggeriert dies dem Fluchttier, dass ein Greifvogel sich nähert und es versucht zu fliehen. (Nicht möglich ---> Angriff).
Fasst man das Kaninchen von hinten oder der Seite an, wird es verängstigt reagieren, da Bodenfeinde wie Marder es erwischt haben könnten.

Vermeidung: Man darf sich einem Kaninchen immer nur von vorne nähern, und es erst an der Hand schnuppern lassen.
Zieht es sich daraufhin zurück, muss man das akzeptieren.

-es wird / wurde zum "Zwangsknuddeln" verdonnert.

Kaninchen, die gegen ihren Willen zum "knuddeln", etwa auf dem Arm, gezwungen werden, können ebenfalls mangels Fluchtmöglichkeit aggressiv auf Menschen reagieren. Kaninchen werden grundsätzlich nicht gerne hochgehoben, da dies in der Natur bedeuten würde, dass sie sich in absoluter Lebensgefahr befinden, da sie durch einen Raubvogel erbeutet wurden. Unsere Hauskaninchen sind den Wildkaninchen im Laufe ihrer Domestikation nicht so unähnlich geworden, dass sie diese überlebenswichtigen Instinkte abgelegt hätten. Als Alternative resignieren die Tiere, wenn sie ständig auf den Arm müssen, Ihr Wille ist gebrochen und sie lassen es über sich ergehen.

Vermeidung: Kaninchen als Lebewesen mit eigenem Willen respektieren, nicht als Kuscheltier benutzen.


2. FRUSTRATION: Agressionen auf dieser Ursache basierend entstehen bei Haltungsfehlern, also unabhängig davon, wie man mit dem Tier umgeht, man sich ihm nähert oder was es zuvor schon erlebt hat. Diese Aggression dient als "Ventil" für angestaute Energie die sich aus verschiedenen Gründen ansammelt und so kanalisiert.

Zu den Ursachen für Frustrationen zählen:

 

-das Kaninchen lebt in Einzelhaltung


In dem Fall ist das Tier frustriert, weil es keinen Lebens-Spiel-Kuschel oder auch mal Streitgefährten (Artgenossen!) hat, der seine Körpersprache versteht, mit ihm rennt, schmust, Öhrchen leckt und kuschelt.
Nicht zu unterschätzen ist auch der Sexualtrieb der Tiere: selbst kastrierte Rammler leben diesen aus oder werden zumindest von ihrer Partnerin dazu aufgefordert, in "Aktion" zu treten.
Unkastrierte Rammler in Einzelhaltung und Weibchen, (die man nicht ohne medizin. Indikation kastrieren lassen darf), deren Bedürfnis nach einem Sexualpartner nicht erfüllt wird, werden, manchmal erst nach Jahren, bissig.

Vermeidung: Gegengeschlechtliches Partnertier anschaffen (Rammler kastriert)

-es bekommt zu wenig Auslauf

Kaninchen sind Tiere, die einen grossen Bewegungsdrang haben, einfach mal, ohne Grund, wie die Irren durch die Wohnung (oder wahlweise Gehege) flitzen, dabei über "Stock und Stein" hüpfen, und sich einfach des Lebens freuen, Luftsprünge machen und herumtollen. Unterdrückt man diesen Bewegungsdrang durch "einkerkern" in zu kleine Käfige, sucht sich die angestaute Energie mitunter einem Weg über die Aggression nach Aussen.

Vermeidung: Etliche Stunden Auslauf am Tag, grösserer Käfig (Etagenkäfigbauanleitung) oder Gehege, (Wohnung oder Aussen), bauen.

3.Kombination aus Angst und Frustration:

-es wird/wurde nach dem Auslauf gejagd und mit der Hand eingefangen.

In dem Fall spielen 2 unglückliche Faktoren zusammen: Das / die Kaninchen werden gejagd und eingefangen / hochgehoben, was den Tieren Angst macht, und entwickeln dabei eine Abneigung gegen die Hand, die dies ausführt. Weiterhin tritt eine Frustration ein, weil die Hand es war, die den Auslauf beendet hat, und die Tiere wieder zum Käfighocken zwingt.

Vermeidung: Mit Futter in den Käfig locken.


4. Sonstige Ursachen:


-Revierverteidigung.

Besonders unkastrierte Rammler und Häsinnen in Einzelhaltung verteidigen ihr Revier, ihren Käfig und vor allem ihre Futterquellen (Näpfe) gegen "Eindringlinge", wie die menschliche Hand, z.T recht rigoros.

Vermeidung: Kastration bei einem Männchen und ZUSAMMENFÜHRUNG mit einem Partnertier.


-Schmerzen

Bei Krankheiten, die Schmerzen verursachen wie Verstopfung (Bauchschmerzen), Ohrenentzündungen und eine Reihe weiterer Erkrankungen , sollte man dringend einen Tierarzt aufsuchen, der kaninchenkundig ist.

Vermeidung: kaninchenerfahrenen Tierarzt aufsuchen

-Futter und Verwechslungen

Riechen Hände nach Futter, werden sie oft einfach "verwechselt", da Kaninchen sich sehr auf ihren Geruchssinn, weniger auf ihre Augen verlassen.

Vermeidung: Hände waschen.


Es kommt auch vor, dass Kaninchen in Hände beissen, die z.B in einen laufenden Zusammenführungskampf eingreifen wollen; auch hier liegt eine Verwechsung, nämlich mit dem anderen Tier vor, mit dem gerade die Rangordnung geklärt werden soll.

Vermeidung: Handschuhe tragen, bzw nicht dazwischen gehen (nur wenn Blut fliesst).

-Anpinkeln

Ist in dem Sinne keine Aggression, sondern eine Fehlprägung (meist bei einzeln gehaltenen Tieren: Auch Weibchen "spritzen"!). Das Kaninchen markiert "seinen" Menschen als sein Eigentum, da es keinen Artgenossen als Bezug hat.

Vermeidung: Partnertier holen (gegengeschlechtlich, Rammler kastriert).



B: Aggressionen anderen Tieren Gegenüber:

 

-zwei Tiere beissen sich (oder reissen sich gegenseitig das Fell aus), die zuvor schon friedlich zusammenlebten:


-Es kann sich um 2 gleichgeschlechtliche Tiere handeln, die nun in die Pubertät (ca.3. bis 6. Monat) kommen, und dadurch entstehen Rang - und Revierkämpfe.

Vermeidung: 2 Rammler: Kastrieren
2 Weibchen: (von dieser Konstellation rate ich dringend ab):dominanten Kastrat dazu, evtl
jedem Weibchen einen gönnen. (Falls Nicht möglich, Vorgehensweise wie bei -----> ZUSAMMENFÜHRUNG

 

-zwei gegengeschlechtliche Tiere beissen sich (oder Fell ausreissen):

Unanbhängig von dem Alter der beiden, können Ursachen sein: Eine Scheinschwangerschaft der Häsin sein, oder einfach ein generell zu enger Käfig.

Vermeidung: Mehr Auslauf bieten, Gesundheitscheck (z.B Gebärmutterveränderung der Häsin.)


- 2 sich unbekannte Tiere fangen an, sich zu beissen (Fell auszureissen):

Das fällt unter Zusammenführungen, und es müssen einige Dinge beachtete werden.

Vermeidung: Siehe ZUSAMMENFÜHRUNG.


-das Kaninchen beisst / berammelt das Merrschweinchen

Diese beiden Tierarten sind nicht für ein Zusammenleben geeignet.

Vermeidung: jedem unbedingt einen Artgenossen holen. Siehe MEERI / KANINCHENHALTUNG

Fazit: "BÖSE" Kaninchen gibt es nicht.

 

© Autorin: Heike Drapatz

 


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