E. Cuniculi - untypischer Krankheitsverlauf

 

Bitte lest Euch das in Ruhe durch. Und denkt daran, wenn Ihr mit Eurem Kaninchen zum TA geht. Auch wenn der Befund noch so eindeutig ist, lasst Eure kleinen Lieblinge lieber auf E.cuniculi untersuchen.


Nur ganz kurz vorab: Ich bin im Tierschutz tätig, und wir haben immer mehrere Kaninchen ( zu diesem Zeitpunkt ca. 100 Tiere ). Und durch meine Arbeit im Tierschutz war ich der Meinung, auch schon alle Kaninchenkrankheiten gesehen zu haben. Unsere Tiere leben in 4 Pferdeboxen mit Paddock ( also einem Auslauf der an die Pferdebox angeschlossen ist ), so dass die kleinen selbstständig rein und wieder raus können, gerade wie es Ihnen beliebt. Außerdem haben wir auf dem Bauernhof noch eine alte Zuchtanlage für Kaninchen, die wir als Quarantänestation nutzen.
Alle Neuankömmlinge kommen 6 Wochen in Quarantäne ( Rammler, die noch kastriert werden müssen, sogar noch länger ). In jeder unserer grossen Boxen ( egal ob die Pferdeboxen oder im Kaninchenstall ) wird die Kloecke jeden Tag sauber gemacht. Die Ställe werden jede Woche komplett ausgemistet.


Mitte Juli bemerkten wir, dass bei zweien unserer Kaninchen die Lunge beim Atmen rasselnde Geräusche machte und das sie leichten Nasenausfluss hatten.
Mit Verdacht auf Schnupfen besuchten wir den TA. Die Probe der Nasenflüssigkeit blieb ohne Befund, und die kleinen wurden mit einem Breitband-Antibiotikum behandelt.
Durch das AB stellte sich auch eine leichte Besserung ein.
Ein paar Tage später fiel ein Kaninchen auf, das sehr dünn war, und nur noch in einer Ecke saß.
Das Kleine hatte Backenzähne, die nicht 100% in Ordnung waren. Aber eigentlich auch nicht so schlimm, um diese Abmagerung zu erklären. Die Zähne wurden geschnitten, aber richtig zugenommen hat sie danach auch nicht wirklich, obwohl sie gepäppelt wurde.

Bis dahin hatte sich von uns noch keiner wirklich Sorgen gemacht. War doch alles irgendwie noch zu erklären. Jetzt wissen wir, dass dies nur die erste Warnung war.

Ein paar Tage später hatte ein Kaninchen einen extrem dicken Blähbauch. Der TA vermutete erst einmal eine fasche Fütterung ( was aber eigentlich nicht sein konnte, da wir hier besonders aufpassen ! ), und dass die Blähungen davon kommen. Der kleine bekam AB und alle 2 Stunden Lefax. Am nächsten Morgen war der Kleine tot.
Das Kaninchen wurde obduziert, und dabei stellte man typische Geschwüre auf den inneren Organen fest, die auf Kokzidien schliessen liessen.
Um weitere Ansteckungen zu verhindern und um die Tiere besser behandeln zu können ( und um das lästige Fangenspielen nicht haben zu müssen ), wurden alle Kaninchen, immer zu zweit, in den Quarantäneboxen untergebracht.
Alle Tiere wurden auf Wasser-und-Heu-Diät gesetzt und bekamen zusätzlich ein Mittel gegen Kokzidiose.
Ausserdem wurden alle Boxen alle 2 Tage gründlich gereinigt und alle 4 Tage desinfiziert.
Komischerweise wurde es aber schlimmer.
Bei mehreren Tieren war ein Rasseln der Lugen zu hören und sie hatten Nasenausfluss. Hier meinte mein TA, dass wir uns doch einen Virus eingefangen hatten, und hat noch einmal Abstriche ins Labor geschickt, die aber schon wieder ohne Befund waren. Also sind diese Tiere mit AB behandelt und noch einmal separiert worden.
Ein Teil der Tiere nahm sehr schnell, sehr extrem ab ( bei großen Kaninchen, die sonst so um die 4,5 Kg wogen, bis zu 40 gr. pro Tag ). Hier meinte unser TA, dies käme von der Diät und dem Kokzidiosemittel, und dass die Darmflora geschädigt sei. Diese Tiere erhielten zusätzlich ein Mittel das die Darmflora wieder aufbaut.
Einige Tiere bekamen einen Blähbauch. Diese Tiere haben AB bekommen, ein Mittel, damit die Blähung zurückgeht und zusätzlich Lefax.
Die Tiere, die diese Blähung hatten, sind innerhalb von 48 Stunden gestorben, egal was wir den Kleinen gegeben haben.
Der Tierarzt war in dieser Zeit jeden Tag bei uns.
Nachdem 7 Kaninchen gestorben waren ( 6 an diesem besagten dicken Bauch und eines an Untergewicht ) platzte uns der Kragen.
Nichts was wir den Tieren bis dahin gegeben hatten, hatte auch nur in irgend einer Form geholfen.
So konsultierten wir den zweiten Tierarzt, der mit unserem alten Tierarzt zusammen die Tiere kontrollierte.
Dann die Order: Wechsel des Mittels gegen Kokzidien, Wechsel des Antibiotikums und neues Heu musste her, da dieses vielleicht schlecht sein könnte.
Aber auch diese Massnahmen schlugen fehl..
Ein Teil der Tiere hatte das Röcheln in der Lunge oder schnupfte, noch mehr nahmen ab, bei fast allen war ein Gluckern im Magen zu hören, und einige bekamen diesen dicken Bauch und waren innerhalb von 48 Stunden tot.
Nachdem auch die neuen Mittel 3 Tage verabreicht wurden, und nach 9 weiteren toten Kaninchen immer noch keine Besserung zu sehen war, bestanden wir dann darauf, dass 3 tote Kaninchen eingeschickt werden.
Nach 3 Tagen war der erste Befund da. Es war keine Kokzidiose. (Und auch kein Enterocollitis, was zwischenzeitlich vermutet wurde).

Als Erstes haben wir das Behandeln mit dem Kokzidiosemittel eingestellt und auch die Wasser-und-Heu-Diät aufgehoben, in der Hoffnung, dass die Tiere, die mittlerweile superdünn geworden waren, wenigstens ein bisschen zunehmen.
Das taten sie zwar nicht, aber sie nahmen auch nicht mehr so schnell ab.
Es schlichen täglich 2 ratlose Tierärzte über den Hof, die auch nicht mehr weiter wussten.
Ich habe angefangen, alle möglichen Leute anzurufen, die Ahnung von Kaninchen haben.
Darunter auch zwei Tierärzte, die Kaninchen als Ihr Fachgebiet bezeichnen. Keiner hatte eine Idee, außer denselben, die auch unsere Tierärzte hatten.
Nun, wir waren alle kurz vorm Verzweifeln.
Der zweite Befund sollte noch 3 Tage dauern, und keiner wusste, mit was wir die Tiere noch behandeln sollen.
Wir wussten alle nicht mehr, was wir tun sollten, ausser zusehen wie ein Kaninchen nach dem anderen starb. Zumal die Anzeichnen so deutlich waren, dass wir alle wussten, wer den nächsten Tag nicht mehr erleben würde.


Und dann kam endlich der Befund:

E.cuniculi

 

 

Wir hätten alle schreien können. Jeder von uns ( wir sind insgesamt 6 Leute ) hatte schon einmal E.cuniculi gesehen. Tiere, die einen schiefen Kopf hatten, oder Bewegungsstörungen.
Panacur und Vitamin B Komplex waren in ausreichender Menge ( zumindest für die ersten 3 Tage ) in unserem Kühlschrank vorhanden.
Keiner von uns hat je Tiere mit E.cuniculi gesehen, die so einen untypischen Befund hatten.
Und auch unsere zwei Tierärzte waren total schockiert.
Aber durch das erste Kaninchen ( das Wahrscheinlich früher schon einmal mit Kokzidien in Berührung gekommen ist ) sind wir auf eine falsche Fährte gesetzt worden. Da diese „Narben“ auch schon älter gewesen sein konnten.

Insgesamt sind uns 19 erwachsene Tiere und 19 Babys ( von 3 Häsinnen, die wir mit Jungen, oder Tragend, übernommen hatten ) gestorben.
Bei den Schnupfen Kaninchen habe wir insgesamt 18 Abstriche machen lassen,
in der Hoffnung das wenigstens bei einem Tier ein Befund kommt ( alle waren
negativ ).
Kotproben haben wir 25 untersuchen lassen. Eine hatte ganz schwachen Befund,
alle anderen waren negativ.
3 Tiere sind eingeschickt worden. 2 zu der Behörde die tote Tiere
untersucht, 1 Kaninchen in die Uni Giessen.
Das Futter wurde gewechselt, weil Verdacht bestand, dass irgend was nicht
in Ordnung ist ( Schimmelpilz, oder das Heu wurde gespritzt ).

Seit wir die Diagnose haben, behandeln wir die Tiere (jetzt seit 7 Tagen) mit Panacur, einem Fenbendazol, wobei danach keines der Kaninchen mehr gestorben ist.
Die mageren Tiere nehmen lagsam wieder zu. Zwar nur ein paar Gramm pro Tag, und
längst nicht so schnell wie sie abgenommen haben, aber immerhin.
Die Schnupfenkaninchen haben auch nicht mehr so viel Nasenausfluss, und die
Lungen hören sich besser an.
3 Kaninchen sehen noch immer nicht so gut aus. 2 Waren wirklich bis auf das
Skelett abgemagert. Aber auch die nehmen mittlerweile wieder zu.
1 sehr junges Kaninchen ( ca. 10 Wochen ) hatte gestern extremen Durchfall.
Hier haben wir Kotproben gezogen ( ohne Befund ), und gehen zur Zeit davon
aus, dass er ganz einfach zu viel AB abbekommen hat. Es hat jetzt ein Mittel
gegen Durchfall bekommen.
Jetzt stehen erst einmal noch 3 Wochen Behandelung mit Panacur an.
Dann werden von allen Kaninchen Blutproben gezogen, damit diese Untersucht werden können.


Falls Ihr noch Fragen haben solltet, dürft Ihr mir gerne mailen an:

Katja-Hach@gmx.de

LG

Katja

Anmerkung von Jenny: Für allgemeine Fragen zu dem Erreger könnt ihr auch mich anmailen:
webmasterin@kaninchentreff.de
oder Eure Frage/n im Forum stellen.


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